Standortschließung & Betriebsschließung: Was ist zu beachten?

Standortschließung & Betriebsschließung: Was ist zu beachten?

Die Schließung eines Betriebes ist eine weitreichende Entscheidung mit erheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen


18/03/2025     Industrie, Insolvenz

 

Egal, ob eine Filiale, ein gesamter Standort oder das Unternehmen als Ganzes betroffen ist – es gibt zahlreiche Aspekte, die Unternehmer beachten müssen.

Von betriebsbedingten Kündigungen über Sozialpläne bis hin zur korrekten Massenentlassungsanzeige: Die rechtlichen Anforderungen sind komplex und Fehler können teuer werden. Besonders der Kündigungsschutz für bestimmte Arbeitnehmergruppen, die Dauer der Betriebszugehörigkeit und die geltenden Kündigungsfristen spielen eine entscheidende Rolle.

In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Pflichten Arbeitgeber haben, wie der Prozess einer Standortschließung rechtssicher abläuft und worauf bei der Verwertung von Maschinen und Inventar zu achten ist.

Betriebsschließung und Kündigungen: Was ist zu beachten?

Eine Betriebsschließung stellt ein dringendes betriebliches Erfordernis dar, das unter bestimmten Voraussetzungen eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigt. Doch die rechtlichen Rahmenbedingungen sind streng:

  1. Eine Kündigung wegen Betriebsschließung ist nur zulässig, wenn keine Weiterbeschäftigung möglich ist.
  2. Massenentlassungsanzeigen müssen rechtzeitig bei der Agentur für Arbeit eingereicht werden (§ 17 KSchG).
  3. Sozialpläne und Abfindungen können erforderlich sein, um Härten für Arbeitnehmer abzumildern.
  4. Besonderer Kündigungsschutz gilt für Schwerbehinderte, Betriebsräte und Arbeitnehmer in Elternzeit – hier ist eine Zustimmung des Integrationsamtes notwendig.

Unternehmen sollten sich frühzeitig rechtlich beraten lassen, um Kündigungen rechtssicher umzusetzen und Konflikte zu vermeiden.

Rechtfertigt die Betriebsschließung eine betriebsbedingte Kündigung?

Grundsätzlich gilt: Schließt ein Betrieb dauerhaft, sind betriebsbedingte Kündigungen möglich. Doch nicht jede Betriebsstilllegung genügt als Begründung.

Wichtig: Eine betriebsbedingte Kündigung ist nur zulässig, wenn sie auf einem dringenden betrieblichen Erfordernis basiert und keine alternative Beschäftigungsmöglichkeit besteht.

  • Die Schließung muss endgültig sein – eine vorübergehende Pause reicht nicht aus.
  • Sozialauswahl muss durchgeführt werden, um zu vermeiden, dass unrechtmäßig gekündigt wird.
  • Arbeitnehmer können eine Kündigungsschutzklage einreichen, falls sie die Kündigung für unwirksam halten.

Gerade bei mehreren Betrieben innerhalb eines Unternehmens kann die Kündigung komplex sein, da geprüft werden muss, ob eine Versetzung in eine andere Filiale möglich wäre.

Betriebsbedingte Kündigung: Welche Fristen gelten?

Die Kündigungsfrist richtet sich nach dem Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder den gesetzlichen Bestimmungen. Nach § 622 BGB beträgt sie je nach Betriebszugehörigkeit zwischen vier Wochen und sieben Monaten.

Wichtige Punkte:

  • Die Kündigung kann frühestens zum Zeitpunkt der Betriebsschließung erfolgen.
  • Wird der Betrieb dauerhaft geschlossen, kann eine betriebsbedingte Kündigung grundsätzlich ausgesprochen werden
  • In Betrieben mit mehr als 20 Arbeitnehmern ist eine Massenentlassungsanzeige Pflicht.

Ein Verstoß gegen gesetzliche Kündigungsfristen kann dazu führen, dass die Kündigung unwirksam ist.

Kündigungsschutz & Sozialauswahl: Wer genießt besonderen Schutz?

Nicht alle Arbeitnehmer können einfach betriebsbedingt gekündigt werden. Nach § 1 KSchG gilt für viele Beschäftigte ein besonderer Kündigungsschutz.

Besonders geschützt sind:

  • Schwerbehinderte Arbeitnehmer – hier ist die Zustimmung des Integrationsamtes nötig.
  • Betriebsräte – ihre Kündigung ist nur in Ausnahmefällen möglich (§ 15 KSchG).
  • Arbeitnehmerinnen in Elternzeit – sie genießen Kündigungsschutz nach § 18 BEEG.

Außerdem muss der Arbeitgeber eine Sozialauswahl durchführen. Hierbei werden folgende Kriterien berücksichtigt:

  • Lebensalter
  • Betriebszugehörigkeit
  • Unterhaltspflichten

 

Eine falsche Sozialauswahl kann die Kündigung unwirksam machen.

Abfindung bei Schließung: Müssen Arbeitgeber zahlen?

Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung – sie muss entweder im Sozialplan, im Tarifvertrag oder in einem individuellen Aufhebungsvertrag ausgehandelt werden.

In der Praxis werden jedoch oft freiwillige Abfindungen gezahlt, um teure Kündigungsschutzklagen zu vermeiden.

Betriebsrat und Arbeitnehmer: Rechte und Pflichten im Schließungsprozess

Nach § 111 BetrVG muss der Betriebsrat frühzeitig über die Stilllegung informiert werden. Er kann Einspruch gegen Kündigungen erheben und auf einen Sozialplan drängen.

Arbeitnehmer sollten sich über ihre Rechte informieren und bei Zweifeln einen Fachanwalt für Arbeitsrechtkonsultieren.

Maschinen, BGA und Inventar verwerten: Wie der Verkauf reibungslos gelingt

Neben den arbeitsrechtlichen Aspekten müssen Unternehmer auch über die Verwertung von Maschinen, Betriebsausstattung (BGA) und Inventar nachdenken.

Möglichkeiten zur Verwertung

  1. Verkauf an spezialisierte Händler für gebrauchte Maschinen und Betriebseinrichtungen.
  2. Auktionen und Online-Marktplätze, um einen schnellen Verkauf zu ermöglichen.
  3. Direkte Übernahme durch andere Unternehmen, die am Standort interessiert sind.

Ein geplanter Verkaufsprozess hilft, den Wert der Maschinen optimal zu nutzen und finanzielle Verluste zu minimieren.

Arbeitsrechtliche Fallstricke vermeiden: So bleibt die Kündigung wirksam

Viele betriebsbedingte Kündigungen scheitern an Formfehlern oder unzureichender Begründung.

Die häufige Fehler sind:

  • Keine oder fehlerhafte Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit.
  • Fehlende Sozialauswahl, wodurch die Kündigung unwirksam wird.
  • Nicht beachteter besonderer Kündigungsschutz für Schwerbehinderte und Betriebsräte.

Ein Rechtsanwalt für Arbeitsrecht kann helfen, den Prozess rechtssicher zu gestalten.

Fazit: Eine geordnete Standortschließung richtig planen

Eine Standortschließung ist eine komplexe Herausforderung, die Unternehmer sorgfältig vorbereiten müssen. Rechte der Arbeitnehmer, Kündigungsregelungen und die Verwertung des Inventars sollten frühzeitig bedacht werden, um rechtliche Fallstricke zu vermeiden.

Wichtige Schritte:

  1. Ordentliche Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist und Sozialauswahl.
  2. Beachtung von Sonderkündigungsschutz, insbesondere bei Schwerbehinderung, Elternzeit oder Betriebsratsmitgliedern.
  3. Korrekte Massenentlassungsanzeige bei der Landesbehörde oder der Agentur für Arbeit gemäß § 17 KSchG.
  4. Rechtliche Absicherung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht, um mögliche Klagen vor dem Arbeitsgerichtzu vermeiden.
  5. Geordnete Abwicklung des Arbeitsverhältnisses der Mitarbeiter, inklusive Abfindungen und Aufhebungsverträgen.
  6. Effiziente Verwertung von Maschinen, Betriebsausstattung und Inventar zur finanziellen Schadensbegrenzung.

Wer sich frühzeitig mit den gesetzlichen Vorgaben und den Rechten der Arbeitnehmer auseinandersetzt, kann Standortschließungen wirtschaftlich und rechtlich sicher durchführen.